Wahlgeschenke sind nichts anderes als die Bestechung der Wähler mit ihrem eigenem Geld. Wähler wissen das. Sie wollen darum keine wilden Wahlversprechen, sondern eine seriöse Politik mit soliden Staatsfinanzen - in Anbetracht der Schuldenkrise zumal. Deutschlands Parteien aber tun in diesem Sommer so als wolle das Wahlvolk bloß den Wühltisch der Wohltaten, als sei Jahrmarkt und Weihnachten auf einmal. Sie werfen mit milliardenschweren Ausgabenprogrammen um sich wie Freibierschreier und Schiffschaukelbremser des Politischen. Es breitet sich ein wahlkämpferischer Bratapfeldunst aus über diesen Wahlkampf, der einen zweifeln läßt, ob Deutschland wirklich noch der Stabilitätsanker in Europa bleiben kann.
Im großen Versprechenskarussell der Rundum-sorglos-Republik ist für jeden etwas dabei: Die CDU verspricht mehr Renten für Mütter, mehr Geld für Kinder, Milliarden für Straßen, WLAN für alle. Rund 30 Milliarden Euro kostet das neue All-inclusive-Paket der Union. Im Vergleich zur SPD ist das freilich noch schwäbisch sparsam. Denn die Sozialdemokraten verkünden seit dieser Woche die 80-Milliarden-Geschenk-Kanone. Vom Ausbau der Stromnetze über neue Schulen und Wohnungen bis zum Breitbandinternet werden blühende Landschaften versprochen: „Deutschland braucht einen Modernisierungsschub durch eine Investitionsoffensive“, verkündet Steinbrück als sei er der Osterhase und der Nikolaus in Personalunion.
Doch selbst das SPD-Schlarraffia ist noch Biedermeier im Vergleich zu den Heilsversprechen der Linkspartei. Deren Wahlprogramm von Mindestlöhnen, Mindestrenten bis mehr Hartz IV würde sogar 160 Milliarden zusätzlich kosten -und zwar jährlich!
Wenn nun die Grünen morgen ein Füllhorn mit Fantastilliarden ausschütten wollten, wir würden es mittlerweile für normal halten. Die Normalität der Milliarden-Monopolys fauler Versprechen hat die Staatsverschuldung Deutschlands auf inzwischen 2086 Milliarden Euro steigen lassen – jede Sekunde kommen 870 Euro hinzu. Europas Schuldtürme sind inzwischen so gewaltig, dass sie wanken und unser gesamtes Währungsystem unter sich zu begraben drohen. Zur Dimension der deutschen Staatsverschuldung stelle man sich einmal vor: Ab sofort würden keine Schulden mehr aufgenommen und die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet, neben allen anderen Ausgaben jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen. Mit dieser Verpflichtung würde es bis ins Jahr 2186 dauern, um den Schuldenberg Deutschlands abzutragen. Aber dazu wird es nicht kommen, denn es liegen ja ausreichend teure, neue Wahlversprechen vor. Für jeden wird etwas ins große Berliner Schaufenster gelegt. Nur das Preisschild fehlt - wie immer.
Diese Art von Politik degradiert die Republik zu einem Gefälligkeitsstaat oder, wie der Sozialökonom Günter Schmölders einmal schrieb, zu einer “Entnahmegesellschaft mit beschränkter Haftung”. Sie zwingt die Demokratie in einen unwürdigen wie gefährlichen Teufelskreislauf von Wahlversprechen, Anspruchsverhalten und kreditfinanziertem Wohlfahrtsstaat, der irgendwann an seinen Schulden kollabiert. Fremdfinanzierte Wahlversprechen sind zu Politik gewordener Paternalismus, sie machen Bürger letztlich zu Untertanen des Sozial- und Schuldenstaates. Dabei ist die Sache ganz einfach: Nur stabile Staatsfinanzen sind soziale Staatsfinanzen. Wer verspricht uns das?
Dr. Wolfram Weimer